Maria und Josef auf der Flucht

Maria und Josef auf der Flucht
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n den Tagen um Weihnachten nehmen die geschnitzten Krippenfiguren wieder einen besonderen Platz in meinem Wohnzimmer ein. Zunächst, in den Tagen des Advent, sind Maria und Josef noch auf dem Weg nach Bethlehem. Deshalb hält Maria noch nicht Jesus im Arm, sondern an seiner Stelle eine geöffnete Schriftrolle. Zeichenhaft steht diese für die Prophezeihung: „Uns ist ein Kind geboren. Er heißt Wunder-Rat, Gott-Held, Ewig-Vater, Friede-Fürst“ (Jes. 9,5f).

Hektisch zieht Josef in der Heiligen Nacht den Esel weiter von Haus zu Haus, um endlich eine Herberge zu finden.

An Weihnachten lege ich dann die kleine Jesusfigur in den Arm der Maria. Wieder treibt Josef den Esel an. Die Angst vor den Soldaten des Herodes treibt ihn weiter. Nur mit dem Nötigsten fliehen sie nach Ägypten. Wie wird man sie - die Fremden - dort aufnehmen? Wie lange werden sie dort bleiben? Werden sie je zurückkehren können? Wird Josef dort Arbeit finden, um seine Familie zu versorgen?

In diesem Jahr berührt es mich viel tiefer als sonst. Ich denke an die Menschen, die seit Wochen zu uns kommen: Menschen auf der Flucht vor Krieg und Terror, Familien oder auch erst nur Familienväter, die die Strapazen auf sich genommen haben, in der Hoffnung, ihre Familien bald nachholen zu können. Wer würde nicht ebenso handeln wie sie, um das eigene Leben und das der Familie zu retten?

Ich denke weiter daran, dass beim Krippenspiel wieder keines der Kinder den Wirt spielen will, der sagt: „Ich hab´ keinen Platz. Geht weiter.“ Dabei werden diese Worte doch in diesen Tagen immer wieder gesagt und noch öfter gedacht. Viel lieber spielen die Kinder den Wirt, der sagt: „Mein Haus ist zwar voll, aber wartet. Wir kriegen das hin. Im Stall ist noch Platz bis sich etwas Besseres findet. Mehr kann ich leider nicht tun, aber doch immerhin etwas.“

Angesichts der vielen Flüchtlinge stehen wir vor einer großen Herausforderung. Neben dem Willen, denen zu helfen, die in ihrer Not zu uns gekommen sind, spüren viele die Grenzen ihrer Kräfte. Daneben tritt die Frage, wie diese Entwicklung unser Land verändern wird. Vielen wird unser Land zum neuen Zuhause werden. Viele werden auch zurückkehren, wenn wieder Frieden in Syrien eingekehrt ist. Aber bis dahin werden vielleicht Jahre vergehen. Manche Sorgen sind begründet. Es kann aber nicht sein dass Ängste und Hass geschürt werden.

Denken wir lieber noch einmal an die Jahreslosung: „Nehmt einander an, wie Christus euch angenommen hat zu Gottes Lob“ (Röm.15,7). Und denken wir an den Wirt im Krippenspiel, der weiß, dass es schwierig wird, der sich aber die Liebe zum Nächsten im Herzen bewahrt hat, und tut, was ihm möglich ist.

Peter Zeh, Pfarrer in Kirchahorn